Presseerklärung26.04.2024, Berlin

Biodiversität: Jetzt dringend handeln für Natur und Mensch

Der WBGU hat heute das Politikpapier „Biodiversität: Jetzt dringend handeln für Natur und Mensch“ an Bundesumweltministerin Steffi Lemke und Frau von Messling, Abteilungsleiterin im Bundesministerin für Bildung und Forschung übergeben.

Nur wenn gesunde Ökosysteme nachhaltig überlebenswichtige Leistungen erbringen, kann auch der Mensch gesund leben. Dies setzt den erfolgreichen Schutz von Klima und Biodiversität voraus. Für Biodiversität bietet das Kunming-Montreal Globale Rahmenabkommen (GBF) zusammen mit dem neuen UN-Abkommen zum Schutz der Biodiversität auf Hoher See ein einmaliges Gelegenheitsfenster. Dies sind die Kernaussagen des Politikpapiers „Biodiversität: Jetzt dringend handeln für Natur und Mensch“, das der WBGU heute an Bundesumweltministerin Steffi Lemke und Frau von Messling, Abteilungsleiterin im Bundesministerium für Bildung und Forschung übergeben hat. Der WBGU empfiehlt das Leitbild eines multifunktionalen Flächenmosaiks: Schutz und Nutzung werden so zusammengedacht, dass Mehrgewinne für Natur und Mensch entstehen. Deutschland sollte international entschlossen vorangehen und Prozesse zur Umsetzung beider Abkommen aufsetzen, Dialogforen und Vorreiterkoalitionen initiieren sowie eine Bildungs- und Kommunikationsoffensive für die biologische Vielfalt starten. Biodiversitätsförderung sollte nicht allein aus Steuergeldern finanziert werden, sondern Private einbeziehen, etwa über die Umwidmung umweltschädlicher Subventionen und durch klare Berichterstattung und Taxonomie. Die Kosten des Nichthandelns sollten verstanden werden.

Flächenziele umsetzen

International wurden wichtige flächenbezogene Biodiversitätsziele vereinbart. „Wir empfehlen, mindestens 30% terrestrischer und mariner Flächen durch Schutzgebietssysteme unter Schutz zu stellen. Schutzgebietssysteme können neben Zonen mit striktem Biodiversitätsschutz Zonen beinhalten, die Biodiversität fördern und zugleich eine abgestufte Nutzung erlauben. Die Zonen sollten vernetzt sein und auch eine positive Wirkung auf die Planung und Nutzung der übrigen 70% Land- und Meeresfläche haben, die nicht Teil der Schutzgebietssysteme sind“, betont Hans-Otto Pörtner. Die Umsetzung eines solchen multifunktionalen Flächenmosaiks sollte durch integrierte terrestrische und marine Raumplanung ermöglicht und gefördert werden. „Zivilgesellschaftliche, private und öffentliche Akteure sowie Indigene und lokale Gemeinschaften sollen bei der Auswahl und Umsetzung von Schutz- und Nutzungsmaßnahmen beteiligt werden“, ergänzt Markus Fischer.

International Verantwortung übernehmen

Deutschland sollte beim Umgang mit der biologischen Vielfalt sichtbar Verantwortung übernehmen. „Insbesondere sollten das Kunming-Montreal Globale Rahmenabkommen (GBF) und das Abkommen zum Schutz der Biodiversität auf Hoher See (BBNJ) inhaltlich konkretisiert und koordiniert umgesetzt werden“, so Sabine Schlacke. Deutschland sollte sich entschlossen hinter die Flächenziele des GBF stellen, gemeinsam mit anderen Staaten zügig Vorschläge für flächenbasierte Schutzmaßnahmen vorlegen sowie auf Kohärenz und Koordination zwischen verschiedenen Umweltabkommen drängen. Zudem sollte eine „Koalition der Willigen“ initiiert und das Konzept multilateraler Kooperationsgemeinschaften beworben werden.

Biodiversitätsförderung finanzieren

Biodiversitätsförderung braucht hinreichend Finanzmittel. Hierfür sollten nicht ausschließlich Steuergelder genutzt, sondern auch neue Finanzierungsquellen erschlossen und Rahmenbedingungen wirtschaftlicher Aktivitäten so angepasst werden, dass Wirtschaft und Unternehmen entsprechend des Verursacherprinzips in die Finanzierungsverantwortung einbezogen werden. Deutschland sollte sich dafür einsetzen, dass die Beiträge der Finanzierung im Kontext des GBF so rasch wie möglich erfolgen, nicht nur schrittweise erhöht werden und insgesamt weit über 200 Mrd. US-$ pro Jahr betragen. Durch Subventionsabbau käme es zu erheblichen Einsparungen, die Finanzmittel zugunsten biodiversitätsfreundlicher Maßnahmen freimachen könnten.

Das Kunming-Montreal Globale Rahmenabkommen für die Biodiversität und das Abkommen zum Schutz der Biodiversität auf Hoher See

Die Staatengemeinschaft hat sich 2022 auf einen neuen globalen Rahmen für die Biodiversität (GBF) und 2023 auf das Abkommen zum Schutz der Biodiversität auf Hoher See (BBNJ) geeinigt. Dieser politische Konsens spiegelt die wissenschaftlich erwiesene Dringlichkeit von Biodiversitätsschutz und belegt die Kooperationsbereitschaft zu diesem Thema selbst in Jahren angespannter internationaler Beziehungen.